Arbeitskreis Wasserpflanzen e.V. – Regionalgruppe Bayern-Süd






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Spiranthes odorata (Nuttal) Lindley 1840 – Wasserorchidee



von Norbert Zundl

Gerd Eggers brachte 1994 zum Workshop „Wasserpflanzen“ eine große Schale emers gezogener Spiranthes odorata, die voll in Blüte standen, als Anschauungsmaterial mit. Mit einigen Hinweisen zur Kultur und einer Hand voll Pflanzen versorgt, bin ich seit diesem Tag von dieser Gattung fasziniert.

Die Gattung Spiranthes besteht aus 300 Arten auf allen fünf Kontinenten. In Nordamerika kommen 20 Arten vor, in Europa vier  und in Deutschland zwei: Spiranthes aetivalis, die Sommerdrehwurz und Spiranthes spiralis, die Herbstdrehwurz, die beide sehr selten und streng geschützt sind. Nur wenige Arten sind Sumpfpflanzen. Lediglich zwei davon können ausdauernd unter Wasser leben: S. graminea und S. odorata.

Etymologie (Wortherkunft)
Spiranthes
– aus den griechischen Wörtern speira (Spirale) und anthos (Blüte) zusammengesetzt, bezieht sich auf die spiralig angeordneten Blüten. Odorata bedeutet wohlriechend. Der deutsche Name lautet Dreh- oder Wendelähre. Kultivierte Pflanzen sind jedoch geruchlos – warum ist nicht bekannt.

Verbreitung
Spiranthes odorata
ist im Osten und Südosten der USA verbreitet. Sie wächst in Sümpfen, Sumpfwäldern, periodisch überschwemmten Gebieten, Wassergräben und Fließgewässern, die den Gezeiten ausgesetzt sind. Die Pflanze ist sehr anpassungsfähig und gedeiht über längere Zeit untergetaucht. Sie kommt an schattigen bis sonnigen Standorten vor. An dunklen Stellen blüht sie nur selten. Der Bodengrund besteht Ton Torf, Schlamm und Sand.


Beschreibung
Spiranthes odorata
ist eine Grundständige Rosettenpflanze mit lanzettförmigen, ungestielten Blättern. Sie wird vor der Blüte etwa 20 cm hoch und hat 6 – 9 Blätter. Die Blattspreite ist sehr schmal, elliptisch, bis 25 cm lang und bis 3 cm breit. Die weichen, fleischigen Blätter sind mittelgrün und glänzen. Die Nervatur ist strahlenförmig. Ihre  bis zu 5 mm dicken Wurzeln sind fleischig, anfangs weiß, später bräunlich. Die flachwurzelnde Pflanze beginnt, wären sie den Blütenstand treibt, an den Wurzelenden je einen Ableger zu bilden – insgesamt 4 – 8 Kindel. Von nun an sterben einzelne Grundblätter ab. Wenn sie verblüht ist, stirbt die Mutterpflanze bis zum Wurzelstock ab, der aber noch geraume Zeit mit des Ablegern verbunden bleibt. Vom Kindel bis zur blühfähigen Pflanze vergeht ein Jahr.

Blüte
Der Blütenstängel erreicht eine Gesamthöhe von 30 – 80 cm und hat 5 – 10 nach oben kleiner werdende Scheidenblätter, die den Ganzen Stängel umfassen. Ab dem letzten Scheidenblatt ist der Stängel behaart. Die Blütenähre wird 8 – bis 15 cm lang und besteht aus 20 bis 40 spiralförmig angeordneten, etwa 1,5 cm großen, weißen, behaarten Einzelblüten. Die Lippe ist im Inneren grüngelblich angehaucht und vorne nach unten gebogen. Die Blütezeit erstreckt sich von September bis bis März. Der Blütenstand benötigt etwa drei Monate zur Entwicklung. Die Blühdauer beträgt ungefähr sechs Wochen.

Sumpfkultur auf der Fensterbank
Ich verwende etwa 12 cm hohe Tontöpfe oder Schalen, deren Größe sich nach dem zur Verfügung stehenden Platzangebot richtet. Das Substrat ist ein Mischung aus Gartenteicherde, Weißtorf, Sand, Hydrokulturkugeln (Körnung 2 -3 mm), zerkleinerter Holzkohle, Lehm oder Ton und Laterit. Auf die übliche Drainage verzichte ich ganz. Der Kultivar muss immer nass stehen! PVC-Untersetzer, 2 – 3 cm mit Wasser gefüllt, eignen sich gut die Pflanze nass zu halten. Gegossen wird mit teilentsalztem Wasser, dem wöchentlich oder vierzehntägig ein Orchideendünger (0,2 bis 0,5%) beigemischt wird. Aquariumswasser kann auch verwendet werden. Bei mir teilt sich Spiranthes odorata mit anderen Orchideen und Grünpflanzen ein sonniges Ostfenster. Wenn die Pfleglinge im Topf zu dicht geworden sind und sich gegenseitig erdrücken, ist es höchste Zeit, sie umzutopfen. Dies geschieht am besten im Frühling nach der Blüte, wenn die Ableger 2 – 4 Blätter haben. Die neuen Töpfe werden nur locker bepflanzt, so dass reichlich Platz zur Vermehrung vorhanden ist. Die Erde wird nur leicht angedrückt, damit das Substrat locker bleibt. Mit überzähligen Pflanzen, aber auch dem alten Wurzelstock bepflanze ich  neue Töpfe die im Sommer auf dem Balkon stehen und im Herbst an interessierte abgegeben werden. Im Freien ist unbedingt auf Schädlinge zu achten! Blatt- und Schildläuse verursachen auf den Blättern große, weiße Flecken. Gesunde Pflanzen werden selten befallen. ich erfreue mich jedes Jahr aufs neue an der Blütenpracht von Spirantes odorata, die, je nach Größe der Schale und der Anzahl der Orchideen, sehr üppig ausfällt. Bis zum heutigen Zeitpunkt haben meine Orchideen keine Samenkapsel hervorgebracht. Die Kultur im Paludarium, Terrarium oder im Sumpfteil des Gartenteiches (natürlich nur im Sommer) ist bestens geeignet. Die submerse Kultur im Aquarium ist bedingt möglich, aber zur Blütenbildung kommt es hier nur selten. Die im Handel erhältliche Spiranthes cernua ist das Synonym von Spiranthes odorata. In den Tagen, an denen ich diese Zeilen geschrieben habe, erfreute mich die Wasserorchidee mit ihrer Blütenpracht.